Bahnbetriebswerk Rheine

Das Bahnbetriebswerk (Bw) Rheine kann auf eine lange Geschichte und somit auch die Stadt Rheine auf eine lange Eisenbahntradition seit dem 19. Jahrhundert in der Region zurückblicken. Das Bw teilt sich historisch in die Bereiche Bw Rheine Rangierbahnhof (Rbf) und Personenbahnhof (Pbf) auf. 1964 wurden beide zusammengelegt. Geographisch im Nordwesten Nordrhein-Westfalens zu Niedersachsen angrenzend befindlich, wurden mehrere sich kreuzende Strecken in alle Himmelsrichtungen bedient. Dadurch hatte Rheine den Status eines Knotenbahnhofs. Das Bw Rheine Pbf wurde mit dem Bau der Strecke Bahnstrecke Löhne–Rheine (Eröffnung 23. Juni 1856) in Betrieb genommen, zunächst mit Reparaturschuppen, dann 1890 erweitert mit 16 m-18 m Drehscheibe inklusive 7–8 ständigen Schuppen, Kohlenlager und Bühne, allesamt gelegen an der Lindenstraße in Rheine. Der zweite Rundschuppen wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg gebaut mit einer 20 m, später jedoch 23 m Drehscheibe. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden nur Regionalzüge bespannt, nach dem Krieg zudem auch Schnellzüge auf der Tangente Holland-Hannover-Braunschweig.

Das Bw Rheine Rbf wurde zwischen 1911 und 1919 gebaut und damit wurde das Bw Rheine Pbf ausschließlich für die Bespannung von Personenzügen zuständig. Bw Rheine Rbf stellte die Rangier- und Güterzuglokomotiven für den Bahnbetrieb bereit. Um den Personenzugdienst zu gewährleisten, standen im Bw Rheine Pbf 1927 35 Lokomotiven zur Verfügung, von denen täglich 23 dienstbereit gehalten wurden (die Monatsleistungen beliefen sich auf 200.000 km). Es standen im Bw Rheine Pbf ein Kohlenbansen mit 2600 t Fassungsvermögen zur Verfügung (täglicher Bedarf damals 60 t), ebenso ein elektrischer Greiferkran für die täglichen Ladungsgeschäfte; eine Auswaschanlage für die Lokomotiven war ebenfalls vorhanden.

Der Bahnhof wurde 1927 hochgelegt und das Bw umgestaltet und umstrukturiert: Der alte Lokschuppen wurde zu einer Kraftwagenhalle mit Vorheizanlage umgebaut. Der neue Schuppen wurde vergrößert und eine Anlage mit Sumpf, Hoch- und Greiferbekohlung von 1923 bis 1925 neu erstellt. Sämtliche Anlagen des Personen-Bw wurden im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört.

Angaben aus dem Jahr 1927 besagen, dass im Bw Rheine Rbf von 58 Lokomotiven täglich 36 fahrbereit gehalten wurden, die Monatsleistungen beliefen sich auf 157.000 km. Nach Engpässen der Wasserversorgung zwischen 1923 und 1925 ließ die damalige Reichsbahndirektion eine eigene Verbindungsleitung nach Rheine Rbf mit Wasserspeisung aus der Ems bauen mit einer Leistung von bis zu 1000 Kubikmeter pro Tag. Diese Leitung wurde später nach Rheine Pbf verlängert. Das Bw Rheine Rbf erlitt im Zweiten Weltkrieg nur Schäden an der Pumpstation und leichtere Kriegsschäden. Der maschinentechnische Dienst musste 1945 allein vom Rbf-Teil übernommen werden. Während des Zweiten Weltkrieges wurde wegen schwerer Schäden vom Bw Rheine Pbf in den holländischen Schuppen in Salzbergen ausgewichen (dieser befand sich in der heutigen Gabelung der Bahnstrecke Almelo–Salzbergen und der Emslandstrecke).

Das Maschinenamt Rheine wurde 1919 eingerichtet, dem die Bahnbetriebswerke unterstanden, es wurde aber wegen Kriegsschäden nach Beesten ausgelagert. Nach Kriegsende mussten auf den Rheiner Bahnhöfen Trümmer von 1000 Güterwagen, 100 Personenwagen und 50 Lokomotiven beseitigt werden, bevor nach Beseitigung aller Schäden und Ausbesserungsarbeiten an Gleisen und Anlagen im Jahr 1956 der Normalbetrieb wieder aufgenommen werden konnte.

Wegen Überlastung des Bw Rheine Pbf musste das Bw Rheine Rbf von 1949 bis 1952 den Betrieb für Personenzüge mit übernehmen, 1951 wurde der Triebwagenschuppen (Vt-Schuppen) wieder aufgebaut. 1977 wurden in diesem Schuppen noch 15 Kleinlokomotiven und 17 Eta (Elektrotriebwagen, Akkutriebwagen) unterhalten. Das Bw Rheine Pbf verfügte über eigene Anlagen zur Unterhaltung von Kleinlokomotiven und Dieselloks, zudem gab es dort unter anderem eine Güterzugwerkstatt und ein Fernheizwerk.

Das Maschinenamt Rheine wurde 1954 aufgelöst, daraufhin wurde das Bw Rheine Rbf dem Maschinenamt Münster unterstellt, später jedoch Osnabrück. Im Jahr 1964 wurde das Bw Rheine Pbf dem Rbf-Teil angegliedert, damit gab es offiziell nur noch ein Betriebswerk am Standort Rheine. Zu erwähnen ist, dass am 1. Juli 1967 die Öltankanlage im Bw Rheine fertig gestellt wurde, die aus einem Beobachtungsturm und einer Pumpe bestand, die Öl aus einem Tankwagen direkt in die Öltender förderte. In den Jahren 1968/69 kamen aufgrund der Aufnahme des elektrischen Betriebs auf der Rollbahn Münster-Osnabrück-Bremen-Hamburg elf Lokomotiven der DRB-Baureihe 01.10 (012 nach neuem DB-Nummernschema ab 1968) mit Ölfeuerung in das Bw und acht Maschinen der DB-Baureihe 043 sowie sämtliche DB-Baureihe 042 Maschinen der Bw Kirchweyhe und Bw Osnabrück Hbf. Maschinen der Baureihen 023 und 011 wurden im Zuge dessen durch weitere 01.10 Lokomotiven aus dem Bw Hamburg-Altona ersetzt.

Anfang 1973 gab es nur noch ölgefeuerte Dampfloks im Bw Rheine. Die Ölkrise zwang die Bahndirektion Münster die Umläufe der 01.10 Lokomotiven einzusparen und mit drei Maschinen der Baureihe 216 und zwei Maschinen der Baureihe 050 zu ersetzen. Für die Baureihe 043 wurden kohlegefeuerte 044 als Ersatz herangezogen („die Kohleinvasion im Bw“), die Baureihe 042 stand während dieser Zeit jedoch nicht still. Dieser Zustand hielt bis zum 7. Januar 1974 an. Zur Außerdienststellung der Dampflokomotiven 1977 standen im Bw Rheine noch 16 Dampflokomotiven (vier der Baureihe 042, zwölf der Baureihe 043) zur Verfügung, sowie sechs Diesellokomotiven der Baureihe 260. Die Personalmenge wurde mit 621 Angestellten, Beamten und Arbeitern angegeben, davon 300 Triebfahrzeugführer.

Nach dem Ausscheiden der Dampfloks werden im Bw Rheine noch zahlreiche Loks „kalt“ abgestellt, die entweder verkauft oder verschrottet werden sollten. Anstelle der Dampfloks übernehmen nun Dieselloks der Baureihe 216 und Baureihe 220 den Dienst auf der Emslandstrecke und den angrenzenden nichtelektrifizierten Strecken (vorher schon Dieselbetrieb: Rheine-Burgsteinfurt-Lutum, Ochtrup-Rheine-Quakenbrück). Ab 1980 wurde der elektrische Betrieb auf der Emslandstrecke Rheine-Emden-Norddeich Mole aufgenommen, seit 1983 sind Gleise und Drehscheibe entfernt. Im Jahr 1983 wurde auch die Selbstständigkeit des Bahnbetriebswerks aufgehoben. Damit wurde unter die Geschichte des Bw Rheine als eigenständige Betriebsstelle der Schlussstrich gezogen.

Am 10. und 11. September 1977 wurde in Rheine der Dampflokabschied mit einem großen von der Deutschen Bundesbahn initiierten Fest gefeiert. Dieses Fest wurde durch eine Leistungsschau der Eisenbahn begleitet, zahlreiche Sonderfahrten, Möglichkeit zur Werksbesichtigung und vielem mehr. Kuriosum werden Versteigerungen, bei der Bahnandenken erworben werden können. Viele Eisenbahnfreunde aus Deutschland und ferner nutzten die Möglichkeit zur Mitfahrt in den Sonderzügen und bei den Fotogelegenheiten ausgiebig. Aber erst Ende Oktober fuhren bei der Bundesbahn zum letzten Mal Dampflokomotiven. Danach waren alle Dampffahrten auf deutschen Gleisen der Bundesrepublik Deutschland bis 1985 zur 150-Jahrfeier des deutschen Eisenbahnverkehrs mit dem bekannten „Dampflokverbot“ von zentraler Stelle untersagt. Die letzte betriebsfähige Rheiner Dampflok (bis Oktober 1977) wird die Lok 043 196-5, die heute am Bahnhof Salzbergen als Denkmalslok abgestellt ist. Es ist symbolhaft, wie lange man in der damaligen Bundesrepublik Deutschland trotz technischen Fortschritts und Elektrifizierung des Schienennetzes auf die Dampftraktion nicht verzichten konnte.

Aus der Luft betrachtet war der Anlagenumfang des Bw Rheine sehr lang gezogen, von Nord nach Süd zogen sich lang gestreckte Gleisanlagen samt Einfahrgruppe, Rangiergruppe und Ausfahrgruppe eingerahmt von den beiden Bw-Bereichen Pbf und Rbf über eine Gesamtlänge von circa 3,9 km durch das Stadtbild. An der breitesten Stelle sind die heute abgetragenen Gleisanlagen des ehemaligen Rangierbahnhofes circa 150 m breit. Zu den Anlagen des Rangierbahnhofes Rheine gehörte auch ein Portalkran, der jedoch seit den 1990er Jahren am Rheiner Industriegebiet Nord steht, mitsamt des Containerterminals. Dies liegt an der Strecke Richtung Quakenbrück, von der nur noch der Abschnitt bis zum Bahnhof Spelle im Güterverkehr bedient wird. Mittlerweile sind alle Anlagen verfallen, das Gelände des Rangierbahnhofes ist eine einzige sich mittlerweile natürlich begrünende Schotter- und Sandfläche, alle Anlagen des Bw Rheine wurden bis auf die Gebäude abgebaut, die immer weiter verfallen. Die Stadt und auch die Deutsche Bundesbahn, Rechtsnachfolger Deutsche Bahn AG haben keine Maßnahmen zur Erhaltung der Anlagen in Angriff genommen. Zudem ist das Betreten des Geländes wegen freiliegender Kanalschächte und unabgesperrter Wasserbunker und Arbeitsgruben, den einsturzgefährdeten Gebäuden und deren Anbauten lebensgefährlich. Im Herbst 2008 ist mit Rodungsarbeiten und dem Abbruch der Gebäude begonnen worden.

Es gab eine Verbindungskurve ab Emsbrücke vor Einfädelung der Strecke von Richtung Osnabrück zum Rangierbahnhof, die unter der Bundesstraße 481 und der Bahnstrecke nach Münster kurz vor der Einfädelung in den Rangierbahnhof geführt wurde. Wie alle anderen Anlagen wurde auch diese Verbindungskurve zurückgebaut. Die Streckenführung erlaubte es, Güterzüge aus dem Ruhrgebiet aus Richtung Münster kommend ohne Umsetzen der Zuglok beziehungsweise erforderliches Wenden im Personenbahnhof in Richtung Osnabrück-Hannover und umgekehrt zu fahren. Auch wurden, im Falle einer Sperrung der KBS 385 im Abschnitt Münster-Osnabrück, Fernzüge über die Verbindungskurve geführt. Die genannte Verbindungskurve wurde sehr spät nach dem Abtragen der Gleise aus dem Rangierbahnhof abgebaut, daher sind bei der DB Buchfahrpläne bis in 1990er Jahre hinein existent, die diese Verbindungskurve aufführen.

Ein weiterer möglicher Nebeneffekt war, dass Güterzüge aus Richtung Ruhrgebiet direkt auf die Strecke Osnabrück-Hannover geführt werden konnten. Als zusätzlicher Bypass aus Nord-Süd-Richtung der Verbindungskurve, vermutlich um die Rangier- und Ausfahrgruppe umfahren zu können, waren zusätzliche Verbindungsgleise vorhanden. Das Bw Rheine bediente die Streckenabschnitte in die Richtung Emden-Norddeich Mole (Emslandstrecke), Richtung Münster, Richtung Almelo (NL), Richtung Osnabrück(-Hannover), Richtung Coesfeld bzw. Quakenbrück und Richtung Ochtrup. Die angrenzenden Bahnbetriebswerke waren Emden, Münster, Osnabrück und Oldenburg (Oldb) (für Bereich ab Quakenbrück).

Mittlerweile sind alle Anlagen verfallen, das Gelände des Rangierbahnhofes ist eine einzige sich derzeit natürlich begrünende Schotter- und Sandfläche, alle Anlagen des Bw Rheine wurden bis auf die Gebäude abgebaut, die immer weiter verfallen. Die Stadt und auch die Deutsche Bundesbahn, Rechtsnachfolger Deutsche Bahn AG haben keine Maßnahmen zur Erhaltung der Anlagen in Angriff genommen. Zudem ist das Betreten des Geländes wegen freiliegender Kanalschächte und unabgesperrter Wasserbunker und Arbeitsgruben, den einsturzgefährdeten Gebäuden und deren Anbauten lebensgefährlich. Im Herbst 2008 ist mit Rodungsarbeiten und dem Abbruch der Gebäude begonnen worden, das Gelände soll zu einem Gewerbegebiet „Rheine R“ umgebaut werden.

Quellen: Wikipedia

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Dokument erstellt am 22.05.2011
Letzte Änderung am 03.07.2014

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.