Die Sache mit den Fehlinformationen

Von André Winternitz – 29. Oktober 2013

Wer über die Jahre ein Objekt fotografisch und geschichtshistorisch begleitet, der ist oftmals auf Hinweise oder Informationen von Dritten angewiesen. Da man nicht zu jeder Zeit an jedem Ort präsent sein kann und auch schon Mal den ein oder anderen Zeitungsartikel nicht mitbekommt, freut man sich dann umso mehr, wenn einen Briefe, Mails oder Nachrichten erreichen, die auf einen aktuellen Stand hinweisen. Diese eingesandten Informationen sind für eine konsequente Projektierung äußerst wichtig und notwendig. Doch es zeigt sich, dass falsche Informationen – ob bewusst oder unbewusst übermittelt – immer mehr zunehmen und eine noch gründlichere Kontrolle notwendig machen. Auch der Schritt, bei Hinweisen, die auf Abbruch, Brand oder Sanierung etc. hinweisen, nur noch Bildquellen zu vertrauen, wird unabdingbar. Denn nur solche „Beweise“ können zweifelsohne weiterverarbeitet werden. Die folgenden Beispiele vermitteln sicherlich exakt diese Problematik.

Mitte 2011 und Anfang 2012 erhielt unsere Redaktion gleich mehrere Hinweise, nachdem das Sanatorium Sonnenfels im Harz abgerissen sei. Tatsächlich kam es in den Jahren zuvor zu zwei Teilabbrüchen, von einem Komplettabbruch war aber bis zu diesen Hinweisen nichts bekannt. Erstaunlicherweise gab es auch Einsendungen, die diese Hinweise widerlegten – auch mit Fotos. Das Sanatorium stand also unverändert an seinem Platz. Im Januar dieses Jahres dann bestätigte die Thüringer Allgemeine Zeitung den Abbruch mit einem Artikel. Man fragt sich hier also schon, was gleich mehrere „Einsender“ dazu bewegt, das Objekt als abgebrochen zu melden, wenn Tage später aktuelle Fotografien folgen, die die Intaktheit zweifelsohne belegen.

Ebenfalls im Harz findet sich das Albrechtshaus – eine ehemalige Lungenheilstätte. Im August dieses Jahres kam es hier zu einem Großbrand, das Gebäude brannte bis auf seine Grundmauern nieder – Brandstiftung! Ende 2012 erreichten uns gleich mehrere Informationen, nachdem der Mitteltrakt des Gebäudes teilweise eingestürzt sei. Bei einem erneuten Besuch im Frühjahr 2013 stellten sich diese Aussagen als falsch dar, das Gebäude war – entsprechend seiner Substanz – unverändert an seinem Platz. Keine Spuren von einem Teileinsturz oder sonstigen Veränderungen. Auch hier fragt man sich, warum solche Informationen übermittelt werden?

Das Bahnbetriebswerk in Rheine. Im Sommer gut versteckt hinter einem meterhohen Birkenwäldchen, im Herbst oder Winter weit sichtbar. Gleich mehrere „Quellen“ meldeten im Jahr 2012 den Abbruch des Lokschuppens und der sonstigen Gebäude. Es wurde auf eine Brachfläche verwiesen, die übrig geblieben sei. Fakt ist: Im Herbst 2008 wurde mit umfassenden Rodungsarbeiten begonnen, ein Abbruch sollte folgen. Heute sind die Bäume wieder stattlich gewachsen, von einem Abbruch der Restgebäude allerdings keine Spur. Dies zeigte sich bei einem erneuten Besuch im Oktober 2013. Man kann hier nur vermuten, dass ein oberflächlicher Blick im Sommer auf das Gelände der Grund für diese falschen Meldungen gewesen sein könnte. Denn von der Straße aus erkennt man wirklich nur mit einem scharfen Blick wenige Details des Lokschuppens, so dicht ist der Wildwuchs.

Man könnte die Liste der Meldungen zu Objekten so beliebig weiterführen. In erster Linie aber sind uns diese Meldungen – oder Meldungen egal welcher Art – eine Mahnung. Eine Mahnung, kritisch nachzufragen, Belegmaterial einzufordern oder aber noch besser, sich selbst ein Bild von der aktuellen Lage zu verschaffen. Während die ersten Punkte selbstverständlich sind, macht uns allen oft die zu wenige Zeit des Aktivwerdens einen Strich durch die Rechnung. Hier kann man nur an alle appellieren, die Neuigkeiten übermitteln wollen, nur dann Informationen zu streuen, wenn diese auch korrekt belegt werden können. Trotzdem muss an dieser Stelle auch an jene ein großes Lob ausgesprochen werden, die seit Jahren unermüdlich ihre Informationen an rottenplaces übermitteln – und diese fachlich, sachlich und bebildert korrekt.

Vorheriger ArtikelLeipzig: Investor mit großen Plänen
Nächster ArtikelKugelsburg
André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.