Lichtkunst in den Schlegel-Gärkellern

Lichtkunst in den Schlegel-Gärkellern. Foto: Holger Kneifel

Bochum (aw). Seit 35 Jahren erfahren die Gärkeller der ehemaligen Schlegel-Brauerei in Bochum keine Nutzung mehr, hier herrscht absolute Dunkelheit. Nur an wenigen Tagen betritt ein Mensch die gewölbeartigen, verwinkelten Räumlichkeiten unterhalb des Schlegel-Hauses. Der Obernkirchener Lichtkünstler Holger Kneifel bekam jetzt die Möglichkeit, Licht ins Dunkel zu projizieren und eine völlig andere Sichtweise auf die kühle Stahlbetonkulisse zu erzeugen. Die Herausforderung: Kneifel kannte zuvor weder die räumlichen Begebenheiten noch hatte er dementsprechende Vorstellungen zur Herangehensweise für seine Bilder vor Ort.

Schnell stellte sich heraus, dass der Einsatz von großen Lichtwerkzeugen und -quellen aufgrund der engen Räume und geringen Deckenhöhen nicht möglich war. „Nach meiner Begehung und Sichtung der Kulisse, suchen nach lohnenswerten Details vor Ort und dem probeweisen Einsatz von Lichtelementen, war mir schnell klar, was geht und was nicht“, sagt der Künstler gegenüber rottenplaces. Bei Kneifel, der sich seit über 5 Jahren mit seinem Projekt Lightworxx mit den Techniken des Lightpaintings und -writings, vor allem aber mit der Light Art Performance Photography (LAPP) – das sind komplexe Lichtkreationen – befasst, entstanden schnell gewisse Ideen, die dann sofort umgesetzt, verfeinert und schlussendlich als fertiges Bild ausgegeben wurden.

Impressionen aus den Schlegel-Gärkellern

Die Bilder des Oberkircheners entstehen zwischen dem Öffnen und Schließen der Blende der Kamera, sind reine Langzeitbelichtungen und können neben wenigen Sekunden auch schon mal 15 Minuten oder mehr betragen – je nach Choreografie und dem Aufwand der einzelnen Arbeitsschritte. Hierbei erfasst der Bildsensor lediglich die Lichtquellen und gibt am Ende das fertige Bild aus. Dieses wird vor Ort über einen Laptop oder Tablet zwar kontrolliert, jedoch später nicht mehr nachbearbeitet (SOOC = Straight Out of the Camera, Anm. der Redaktion). Ist eine Choreografie misslungen, wird sie wiederholt – solange bis das perfekte Bild im Kasten ist.

Seine Lichtwerkzeuge, mit denen Kneifel über die Jahre Dutzende Bilder geschaffen hat, entstehen im Eigenbau. Beispielsweise werden an Gegenständen aus dem Alltag (z. B. Fahrradfelgen, dünnen Stützvorrichtungen zur Befestigung von Bäumen, Drahtmatten, Plexiglasstäben usw.) frei programmierbare LEDs befestigt. Diese können je nach Choreografie horizontal oder vertikal um die eigene Achse gedreht werden, sodass sich immer neue Lichtformen und -motive entwickeln. Der Kreativität sind beim Bau sowie der Umsetzung auch für komplexeste Bilder keine Grenzen gesetzt. „Die Vielfältigkeiten bei der Umsetzung eines neuen Projektes, von der Idee über die Planung bis zum fertigen Bild faszinieren mich jedes Mal aufs Neue“, sagt Kneifel.

Lichtkreise und -kugeln, kombiniert mit Illuminationen – in mehreren Stunden entstanden in den Gärkellern mehrere Bilder, mal schlicht, mal detailreich und farbenfroh. „Viele Motive musste ich aufgrund der Enge gleich mehrfach korrigieren oder ganz verwerfen. Man kann die fertigen Motive also als erste Arbeitsproben sehen“, sagt Kneifel, „es wird definitiv noch einen Termin geben, den ich dann mit entsprechenden Ideen und Vorplanungen wahrnehme.“ Schon jetzt machen die ersten Kreationen Lust auf mehr. Eines aber machen die Motive deutlich: Ungenutzte Gebäude und Räume, die auf viele trostlos wirken, erhalten durch spezielle Projekte – in diesem Fall durch die Realisierung von Lichtkunst – ein völlig neues Gesicht.