Obacht, fiese Pflanzen lauern!

Von André Winternitz – 09. Juli 2013

Brachflächen, Industriebrachen, Wiesen oder Wegränder haben nicht nur eine magische Anziehungskraft für Freunde der Natur und des Wildwuchses, sie stellen gerade für Urban Explorer und Geocacher auch eine enorme Gefahr da. Wer jetzt an Einsturz-, Verletzungsgefahr oder sonstige „Gefahrensituationen“ denkt, der liegt falsch, denn es geht ausnahmsweise mal um Pflanzen – fiese Pflanzen. Und einigen Gewächsen des Pflanzenreichs sollte man nicht zu nahe kommen, denn sonst könnte die Begegnung schnell schmerzhaft enden. Diese können nicht nur Hautverbrennungen und Allergien auslösen, sie sind mitunter auch hochtoxisch. Wir stellen drei Fieslinge vor.

Herkulesstaude (Riesenbärenklau)

Herkulesstaude (Riesenbärenklau) Foto: Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0
Herkulesstaude (Riesenbärenklau) Foto: Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0

Im Juni schiebt die Herkulesstaude ihren gewaltigen Blütenstängel teilweise drei bis vier Meter in die Höhe. Ihre große Blattmasse hat die Pflanze bereits Ende April bis Mai gebildet. Die Staude – auch Riesenbärenklau genannt – breitet sich seit Jahren immer stärker aus und vermehrt sich durch 10.000 bis 50.000 Samen, die bis zu zehn Jahre keimfähig sind. Diese Samen sind leicht und schwimmfähig und werden besonders entlang der Gewässer mit den Überschwemmungsgebieten sowie durch Verwirbelung entlang der Straßen und Gleise verbreitet. Die Ausbreitung wird durch die Zunahme an Brachflächen, Uferrandstreifen und Industriebrachen noch gefördert, wenn dort nicht konsequent die ersten Pflanzen bekämpft werden. Durch eine dichte Grasnarbe lassen sich die am Boden liegenden Samen gut unterdrücken, weil sie für die Keimung Licht brauchen.

Neben der Verdrängung der heimischen Flora und Fauna sowie den Erosionsschäden an Gewässern sind die Herkulesstauden laut der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen eine gesundheitliche Gefahr für den Menschen. Der Saft aller Pflanzenteile enthält photosensibilisierende Substanzen, sogenannte Furanocoumarine, die in Verbindung mit der UV-Strahlung des Sonnenlichtes zu schweren, verbrennungsähnlichen Erscheinungen auf der Haut führen, die die Schwere von Verbrennungen zweiten Grades erreichen können. 30 Minuten bis zwei Stunden nach Hautkontakt besteht die größte Gefährdung. Symptome wie Hautrötungen entstehen nach etwa 24 Stunden. Betroffene Stellen heilen erst nach Wochen ab; oft bleiben jahrelang Pigmentstörungen zurück.

Ambrosia

Ambrosia Foto: Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0
Ambrosia Foto: Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0

Das Beifußblättrige Traubenkraut ist ein einjähriges Ackerunkraut aus der Familie der Korbblütler. Die Pflanze kann je nach Bodengegebenheit von 30 cm bis zu 1,8m hoch werden. Anders als beim Gemeinen Beifuß, sind die Stängel leicht behaart und bei älteren Pflanzen auf der Oberseite häufig rötlich gefärbt. Die feinen, wechselständigen Blätter sind fiederspaltig, im unteren Teil der Pflanze doppelt fiederspaltig oder gezähnt. Die grüngelblichen männlichen Blütenköpfe des ursprünglich aus Nordamerika stammenden Traubenkrautes sitzen am Ende der Zweige in traubenförmigen Blütenständen, darunter finden sich die weiblichen Blüten. Die ersten Blüten öffnen sich Ende Juli/Anfang August, der Höhepunkt der Blüte ist im August/September. Der in großen Mengen gebildete und weit fliegende Pollen hat sehr allergene Eigenschaften. Dadurch kann die Belastungszeit für Pollenallergiker deutlich verlängert werden. In den Ausbreitungsgebieten hat die Sensibilisierungsrate zugenommen. Für Deutschland gibt es bisher keine gesicherten Daten darüber, dass sich der Pollen hier verstärkt ausbreitet. Die Ambrosia gedeiht auf allen Böden und kann insbesondere an sonnigen, warmen und offenen Standorten andere Pflanzenarten überwachsen, wenn sie im Jugendstadium genügend Wasser bekommt.

Der Blütenstaub der Ambrosia zählt zu den stärksten Allergie-Auslösern. Er kann zu schweren heuschnupfenartigen Symptomen oder gar zu Asthma führen. Auch Menschen, die sonst nicht allergisch auf Pollen sind, können auf Ambrosia-Pollen empfindlich reagieren. Schon kleinste Pollenmengen reichen für eine Reaktion aus. Neben dem Gesundheitssektor bereitet die Art auch Probleme als Unkraut in der Landwirtschaft und im Naturschutz.

Jakobskreuzkraut

Jakobskreuzkraut Foto: Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0
Jakobskreuzkraut Foto: Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0

Anders als bei Bärenklau oder Ambrosia handelt es sich beim Jakobskreuzkraut nicht um einen Neophyten, sondern um eine alte heimische Pflanze, deren Auftreten nicht grundsätzlich neu ist – in alten Vegetationsaufnahmen trat es stets in Spuren auf. Neu ist jedoch ihr teilweise extrem starkes Auftreten. Das Jakobskreuzkraut tritt inzwischen in vielen Regionen in Deutschland verstärkt auf und ist besonders auf Stilllegungsflächen, extensiv genutzten Weiden, insbesondere Pferdeweiden, Extensivgrünlandflächen, Wegrändern und Böschungen aktiv. In intensiv genutzten Rinderweiden wird es bislang zwar noch seltener, jedoch auch zunehmend angetroffen.

Bizarr: Beim Jakobskreuzkraut besteht Verwechslungsgefahr mit Rucola! Seine Giftigkeit beruht auf der Wirkung verschiedener Pyrrolizidin-Alkaloide, die zu chronischen Lebervergiftungen führen. Die Gefahr ist deshalb nicht zu unterschätzen, da die Auswirkungen der Vergiftung kumulativ sind und dadurch chronischen Erkrankungen auftreten können. Die Giftstoffe reichern sich – wenn verzehrt – in der Leber langsam an und führen dann zu den chronischen Krankheitsprozessen. Die Pflanze ist nicht nur im frischen Zustand giftig und die Gefahr ist erheblich, wenn man sich vor Augen führt, dass ein einzelner ausgewachsener Trieb im Mittel etwa 70 g wiegt.

Weiterführende Links

www.landwirtschaftskammer.de
www.fu-berlin.de

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.