Südzentrale (Wilhelmshaven)

Die Südzentrale wurde ab Ende 1908 erbaut, um die Kaiserlichen Marinewerft mit Strom zu versorgen. Der erste Bauabschnitt der Südzentrale konnte im Jahre 1911 fertiggestellt werden. In den Jahren 1914/1915 wurden Maschinenhalle und Kesselhaus um etwa elf Meter verlängert, die ursprüngliche Leistung wurde durch Aufstellen von vier weiteren Kesseln im Kesselhaus sowie durch eine 4000 PS starke Turbine im Maschinenhaus vergrößert. Bei einer zweiten Erweiterung des Kraftwerks im Jahr 1920 wurde die Leistung auf insgesamt 15.000 PS gesteigert. Die Gesamtleistung betrug nun insgesamt 11.250 Kilowatt, was die Südzentrale zum stärksten Kraftwerk seiner Zeit machte. 1925/1926 erhielt die Südzentrale sechs gebrauchte Dieselmotoren, die aus U-Booten stammten.

Den Zweiten Weltkrieg überstand das Kraftwerk relativ unbeschadet. Die Demontage der Kriegsmarinewerft machte eine Stromversorgung der Werft nicht mehr notwendig. 1947 wurde das Kraftwerk daher an die Nordwestdeutsche Kraftwerke AG verpachtet, um Teile der Stadt mit Strom zu versorgen. Dazu erhielt das Kraftwerk einen großen Kesselhausanbau, der die Leistung auf 14,5 Megawatt Leistung erhöhte. 1948 wurde der über 70 Meter hohe Klinkerschornstein vor dem alten Kesselhaus zunächst gekürzt, später dann ganz abgetragen.

Ab 1957 wurde im Rahmen der Wiederbewaffnung wurde auf dem ehemaligen Gelände der Kriegsmarinewerft das Wilhelmshavener Marinearsenal errichtet. Dazu wurde die Befeuerung der Südzentrale auf schweres Heizöl umgestellt und versorgte ab 1963 das Marinearsenal über oberirdisch verlegte Leitungen mit Dampf. Die dafür notwendigen Kessel wurden im alten Kesselhaus installiert, der Kesselhausanbau wurde überflüssig und konnte 1971 abgebrochen werden. 1987 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Die auf 30 Jahre abgeschlossenen Pachtverträge mit dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen Preußen Elektra liefen 1993 aus und wurden nicht verlängert. Damit endete der Betrieb der Südzentrale als Kraftwerk. Es erfolgte die Stilllegung und der Bund als Eigentümer verkaufte das Gebäude an private Investoren, da die Stadt Wilhelmshaven den notwendigen Kaufpreis aus haushaltspolitischen Gründen nicht aufbringen konnte.

Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Südzentrale dem Verfall preisgegeben. Vandalen zerstörten große Teile der denkmalgeschützten Bausubstanz. Das Jugendstilgebäude bildete zusammen mit der Kaiser-Wilhelm-Brücke ein einmaliges stadtbildprägendes Gebäudeensemble. Zur Rettung dieses Bauwerkes wurde im Jahre 2002 von Corinna Janßen und Jürgen Engel das Forum Wilhelmshaven ins Leben gerufen. Die Mitglieder des Forums hielten erfolgreich Vorträge zum Thema Südzentrale und brachten diese dadurch regelmäßig in die Presse. Im Juli 2011 gründete sich der gemeinnützige Verein zum Erhalt der Südzentrale e. V. Ziel ist „Erhalt durch Nutzung“, also die Sicherung, Sanierung und Neunutzung in privater oder öffentlicher Hand. In kurzer Zeit wurden über 2000 Unterschriften für den Erhalt des einmaligen Baudenkmals gesammelt. Viele Hobbyfotografen nutzten die Südzentrale als Location für ihre Aufnahmen. Es war eine Weiterverwendung des gesamten Geländes und der damit verbundene Abbruch der darauf befindlichen Gebäude geplant.

2014 hatte die Dokumentation zum ehemaligen Kohlekraftwerk der Kaiserlichen Marinewerft in Wilhelmshaven „Die Südzentrale“ Premiere. Die Firma Puzzlepictures rund um Christopher Groß und Andree Betten sowie die Journalistin und Moderatorin Carola Schede realisierten das Zeitzeugnis in Bewegtbild. Zu Wort kommen verschiedenste Menschen mit persönliche Beziehung zur Südzentrale, Zeitzeugen und Prominente. Die Filmemacher zeigen neben der dokumentar-filmerischen Sichtweise Begegnungen auch an historisch und thematisch bedeutsamen Schauplätzen in Norddeutschland rund um Wilhelmshaven. Zur Premiere der rund 30-minütigen Dokumentation am 02. Februar 2014 kamen weit über 1.200 Interessierte.

Ende August 2014 ließen die Eigentümer Teilen der Südzentrale einreissen. Am 5. August 2015 begannen Bagger mit dem endgültigen Abriss der oberirdischen Teile der Südzentrale, nachdem die Stadt Wilhelmshaven die Genehmigung für den oberirdischen Teilabbruch des denkmalgeschützten Gebäudes verfügt hatte. Lediglich ein Teil des Kesselhauses, in dem geschützte Fledermäuse überwintern, muss vorläufig erhalten bleiben.

Quelle: Wikipedia

Dokumenten Information
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Dokument erstellt am 19.03.2014
Letzte Änderung am 06.08.2015

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.