Alter Bahnhof Vlotho

Rund 30 Jahre mussten die Vlothoer Kaufmänner für den Gleisanschluss ihrer Stadt kämpfen, bis endlich am 27. Oktober 1866 die Erlaubnis für den Bau der strecke Löhne – Hameln erteilt wurde. Der Vlothoer Bahnhof gehört zu den ältesten der Region und wurde in den Jahren 1874/75 erbaut, hierfür mussten auf der rechten Seite der „Langen Straße“ zwölf Häuser abgerissen werden. 1909 wurde der Bahnhof an beiden Seiten durch einen Anbau erweitert.

Am 19. Mai 1875 fuhr der erste Güterzug durch Vlotho. Auf der zunächst nur eingleisigen Strecke passierte der erste Personenzug den Bahnhof am Tage der Eröffnungsfeierlichkeiten (30. Juni 1875), in dem zahlreiche Ehrengäste mitfuhren. 1909 baute man die Strecke zweigleisig aus. Nachdem die Eisenbahnbrücke, die am Kuhkamp über die Weser führt, 1945 kriegsbedingt zerstört wurde, errichtete die damalige Bundesbahn die Strecke nur einspurig wieder her.

Nach dem zweiten Weltkrieg hatte der Verkehr auf dieser Strecke stark zugenommen. Im Jahr 1973 wurden 30 Reisezüge, 14 Eilzüge und 20 Güterzüge am Tag gezählt. Heute wird diese Eisenbahnlinie im Wesentlichen nur noch von der Eurobahn für den Personenverkehr genutzt. Dem „Hauptbuch“ für das Geschäftsjahr 1964 kann man einen Umsatz von über einer Million Mark Einnahmen bei 4.800 Tonnen Stückgutumschlag entnehmen.

Am 1. Mai 1992 wurde die Personen- und Expressgutabfertigung im Vlothoer Bahnhof geschlossen. Seit dem verfällt der Bahnhof und gleicht heute einem trostlosen, vergessenen Ort. Heutiger Eigentümer ist die Stadt Vlotho, diese sucht händeringend nach einem Investor, da die notwenigen Kosten – im Falle einer Sanierung – aufgrund leerer Kassen nicht selbst getragen werden können.

Wer in das Bahnhofsgebäude investieren will, muss viel Geld mitbringen. Die Substanz des unter Denkmalschutz gestellten Backsteinbaus ist maroder als erwartet. Zu dieser Einschätzung ist das Architekten-Ehepaar Nicola und Özdal Kaplan nach der Ortsbegehung im Jahr 2003 gelangt. Das Ergebnis dieser Kurzanalyse wurde dem damaligen Eigentümer mitgeteilt. Investoren, die dieses Gebäude sanieren, müssen sich (laut Architekten) auf eine geschätzte Summe von rund einer halben Million Euro einstellen, da Wände und Decken undicht sind, das Dach teilweise eingebrochen ist. Zusätzlich müsste die gesamte Installation erneuert werden.

Wo einst Fahrkarten verkauft und Reisegepäck aufbewahrt wurde, türmt sich heute eine unsagbare Menge Müll – zurückgelassen von ungebetenen „Bewohnern“ und Vandalen, oder bei Nacht und Nebel widerrechtlich von gesetzlosen Zeitgenossen abgestellt.

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Dokument erstellt am 22.01.2010
Letzte Änderung am 25.06.2014

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.