Eibia Pulverfabrik – Anlage „Weser“

1938 gründete der Pulver-Hersteller Wolff & Co in Bomlitz/Walsrode die Eibia GmbH als einhundertprozentige Tochter und begann neben den Anlagen „Waldhof“, „Walo 1“, „Walo 2“ und „Karl“ 1939 mit dem Bau der Anlage „Weser“ in Dörverden (Niedersachsen) als vierte von fünf Pulverfabriken als Schattenwerk zur Mobilmachung. Mit seinen 273 Gebäuden, davon 7 unterirdische Bauten und einem Gleisnetz auf dem Gelände mit einer Gesamtlänge von 21 km war die Anlage kleiner als die Anlage „Karl“, von feindlichen Aufklärern aber aufgrund der Dachtarnung der Gebäude und der weit auseinander gezogenen Bebauung aber ebenso schwer aus der Luft auszumachen. Vom Bahnhof Dörverden erreichte man die Anlage über ein Anschlussgleis.

1941 konnte mit der Produktion begonnen werden. Bis zu 1400 in Lagern untergebrachte Fremd- und Zwangsarbeiter, sowie Kriegsgefangene verrichteten in der Pulverfabrik unter schlimmsten, menschenunwürdigen Verhältnissen ihre Arbeit. Den immensen Wasserverbrauch deckte man über einen Zulauf von der Weser sowie über 41 Tiefbrunnen auf dem Gelände. Die Abwässer leitete man zurück in die Weser. Im Werk „Weser“ stellte man hauptsächlich verschiedene Pulversorten für Pistolen und Langwaffen her, ab 1943 auch einen chemischen Kampfstoff, das so genannte „A-Pulver“ (ein Gemisch aus Nitrocellulosepulver und einer Arsenverbindung). 1942 kam es zu einer folgenschweren Explosion bei der Entzündung von Pulverstaub im Trockenhaus 365/2. Dieses wurde durch die Detonation bis auf die Bodenplatte zerstört. Sieben Arbeiter kamen dabei ums Leben, viele weitere wurden verletzt.

Anfang April 1945 wurde der Betrieb der Anlage „Weser“ eingestellt, ein Befehl zur Zerstörung der Anlage wurde nicht ausgeführt. Britische Truppen besetzten die fast vollständig erhaltene Anlage und beschlagnahmten die gesamte Einrichtung. Der Zweite Weltkrieg war nur für Dörverden zu Ende. Da ehemalige Zwangsarbeiter und Einheimische immer wieder plündernd und zerstörend auf dem Gelände einwirkten, entschieden sich die Briten für den Rückbau, bzw. für die Demontagearbeiten der Gebäude (1947). Lediglich in geeigneten Gebäuden auf dem Gelände fanden Flüchtlinge in unmittelbarer Nachkriegszeit eine Unterkunft. Die eingelagerten Pulverbestände wurden von den Briten größtenteils verbrannt – hierzu nutzte man den Fliegerhorst Hoya als Brandplatz – die Kampfstoffe versenkte man in der Nordsee. 1950 wurde mit der Sprengung der Gebäude begonnen, nur wenige überstanden diese Prozedur. 1952 gaben die Briten das Gelände frei.

1957 begann die Bundeswehr auf dem Nordwestteil der ehemaligen Anlage „Weser“ mit den Bauarbeiten für die Niedersachsenkaserne, verschiedene Restbauten der Pulverfabrik wurden in das Nutzungskonzept mit einbezogen. An der Weser errichte man einen Wasserübungsplatz mit eigenem Hafen, das Südgelände diente den Pionieren als Standortübungsplatz. Im Jahr 1990 brach der Boden des Sportplatzes ein, man entdeckte bei den notwendigen Ausgrabungen die Unterbauten der Säurehochkonzentrations-Anlage.

Das Versorgungsgebiet im Nordosten blieb ungenutzt, lediglich einige Tiefbrunnen dienten weiterhin zur Wassergewinnung. Immer wieder durchkämmte der Kampfmittelräumdienst das Gelände auf der Suche nach Altlasten, erklärte dieses aber weiterhin als verseucht, wodurch eine Nach- oder Neunutzung als sehr schwierig gilt. Unbestätigt ist auch die Aussage, dass die Briten bei der Beseitigung der Pulverbestände im Jahr 1946 die beschädigten Kisten mit dem chemischen „A-Pulver“ vergraben haben sollen und diese bis heute nicht gefunden worden sind.

2002 platzierte eine Dokumentations-Vereinigung an verschiedenen Ruinen und Plätzen außerhalb der Kaserne Hinweistafeln, die über die Funktion der Einrichtungen Auskunft geben.

Quelle: Wikipedia, Relikte in Niedersachsen und Bremen, privat

Dokumenten Information
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Dokument erstellt am 22.05.2011
Letzte Änderung am 03.07.2014

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.