URBEX – Grenzwertiges Online-Game

Von André Winternitz – 28. Dezember 2013

Seit einiger Zeit kursiert im Internet ein kostenloses Click & Escape Adventure-Browsergame der Firma Psionic – genannt URBEX (www.mochimedia.com/games/play/urbex ). Ist es für viele bereits ein gelutschter Drops, haben wir dieses doch einmal genauer unter die Lupe genommen. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es in diesem Spiel um das Erkunden einer riesigen Fabrikruine in die den Spieler ein „vertrauenswürdiger“ Freund eingeladen hat und um das Sammeln von Gegenständen. Im Vorfeld wird dem Akteur eine unheimliche, verborgene Atmosphäre versprochen und die Frage gestellt: „Wirst du hier wieder lebend herauskommen?“ Grenzwertig schon bei dem Start ist die Gegebenheit, dass der Spieler – oder nennen wir ihn mal „Urbexer“, neben einer Fotokamera auch mit einem Schraubendreher und einem Brecheisen (so genannte Items) in das Abenteuer startet. Und somit ist die Seriosität des Spieles schon am Anfang dahin.

Das Flashgame ist wie jedes andere Onlinegame auch semiprofessionell umgesetzt, kommt mit einer mystischen Endzeitstimmung daher und macht Genrefans zu Anfang neugierig. Im Verlauf des Spiels ist man auf der Suche nach diversen Gegenständen, die dem Spieler Zutritt zu Räumen oder Bereichen verschaffen. Immer wieder sind die vorhandenen Graffitis oder Tags zu fotografieren, da diese später als Hilfe dem Weiterkommen dienen. Ist eine Tür oder ein Lüftungsschacht einmal verschlossen, greift man sich die Brechstange und bricht die Tür einfach auf, oder entfernt mit dem Schraubendreher die Scharniere. Während des Spiels erhält der Akteur immer wieder gewisse Hinweise oder Befehle, die auszuführen sind. Kurios ist auch, dass einige Bereiche wie der Missile-Silo nach wie vor unter Spannung stehen. Diverse Schalter öffnen vollautomatisch schwere Metalltore.

Auch schwimmend ist der Spieler unterwegs. In einem Kanalsystem geht es wieder unter Zuhilfenahme des Brecheisens durch mehrere Bereiche, an einer Leiche vorbei hoch in das nächste Kapitel. Wer hier zügig vorankommt, sammelt die unterschiedlichsten Items ein, wie beispielsweise einen Voicerekorder, erhält die Kombinationen für ein Relaispult und setzt bei erfolgreichem Status einen Zug in Bewegung. Doch weit kommt der gespannte Akteur hier nicht, schon in der nächsten Halle ist die Decke eingestürzt, der Zug hält und es geht zu Fuß weiter. Man könnte die Aktion des Spiels hier so beliebig weiterführen, die Handlung ist immer dieselbe. Von Level zu Level geht es an Skeletten vorbei, werden Graffitis oder Tags fotografiert, geklettert und sich munter gewaltsam Zutritt verschafft.

Im Laboratorium funktionieren nach wie vor alle technischen Geräte und Licht schimmert in diffusen Farbtönen. Schon merkwürdig, kommt man doch gerade aus einer extrem ruinösen Umgebung. Und hier wird es für den unerfahren Spieler etwas kniffelig. Zu suchen sind die richtigen binären Codes, die in einen Computer einzugeben sind – ein im Spiel sogenanntes Sicherheitssystem. Wer dann dem Licht folgt, macht sich im letzten Level auf den Rückweg, um das Gebäude zu verlassen. Doch Vorsicht: Lebensgroße Ameisen können einem schwer zusetzen. Wer sich erfolgreich zu verteidigen weiss, schafft es ins Freie und ist gerettet. Zumindest scheint es so …

Fazit: Das Spiel muss man nicht gespielt haben. Da sind andere kostenlose Action- oder Adventuregames wesentlich aufwendiger, spannender und spielgewaltiger. Die Level sind schnell gespielt und ab einem gewissen Fortschritt wirkt das Spiel sehr kindisch. Auch unter Zunahme von Werkzeugen macht jenes nicht aufwertender, im Gegenteil. Hier wäre eine gewaltfreie Alternative – also ohne Brecheisen und Schraubendreher – sinnvoller gewesen. Möglichkeiten gäbe es genug. Müsste man das Spiel bewerten und als Höchstpunktzahl fünf Punkte vergeben können, so wäre ein Punkt sicherlich angemessen. Auch die zeitweise Handlung des Spiels hat mit dem eigentlichen Thema Urban Exploration wenig am Hut. Der Großteil jener, die sich diesem Genre zugehörig sehen, verschaffen sich nicht gewaltsam Zutritt. Sie nutzen alternative Zugangsmöglichkeiten wie offene Türen, Tore usw. Schade, dass für dieses Spiel der Name „URBEX“ herhalten musste, gleichwohl passt es zu den Anhängern der Szene.