Villa Schöning (Altenheim Schönblick)

Viele Mythen gibt es über die Villa Schöning zu lesen, doch welche sind wahr und welche sind erfunden? Fakt aber ist, dass die Geschichte der Schöningschen Villa am Amtshausberg bereits in den Jahren 1898/99 beginnt. Der Zigarren-Fabrikant Wilhelm Schöning ließ vom Herforder Architekten Köster die Villa mit einem atemberaubenden Blick auf die Weser erbauen und von welcher Position man nach der Fertigstellung auf den Prachtbau auch blickte, es bot sich einem ein bemerkenswertes Bild.

Beonderes Augenmerk legte der ausführende Architekt auf die aufwändige Gestaltung der von der Straße sichtbaren Fassaden, mit den wilhelmischen Gestaltungselementen. Diese Eindrücke bieten sich einem heute noch immer. Nach dem Tod von Wilhelm Schöning im Jahre 1924 modernisierte Sohn Julius 1925/26 die elterliche Villa und lebte dort gemeinsam mit seiner Familie bis ins Jahr 1945. Nach Kriegsende wurde die Villa, wie viele andere Häuser auch, von der Befreiungsmacht beschlagnahmt, im Anschluss diente es Angehörigen der englischen Besatzungsmacht als Unterkunft. 1952, nachdem zwei Jahre zuvor das englische „Rote Kreuz“ die letzte Villa verlassen hatte, verkaufte Julius Schöning das Anwesen an den Kreis.

Rund dreißig Jahre später, nach einer weiteren baulichen Erweiterung, verwandelte die Arbeiterwohlfahrt als Träger das ehemalige Schönigsche Anwesen in ein Alten- und Pfegeheim mit dem treffenden Namen „Schönblick“. 1978 wechselte erneut der Besitzer und das Altenheim „Schönblick“ wurde fortan als Familienbetrieb bewirtschaftet. Doch so „schön“ der Anblick von außen auch sein mochte, hinter der Fassade sah es, anhand von Schlagzeilen in der damaligen Tagespresse, anders aus. Die pflegerischen Leistungen an den Insassen des Altenheimes wurden beanstandet, der Betrieb wurde im Jahre 1982 geschlossen. Dem Inhaber wurden Veruntreuungen nachgewiesen, für die er sich auch juristisch verantworten musste.

Nachdem mehrfach die Besitzer der Immobilie wechselten, und auch die Verwirklichung einer geplanten, exklusiven Wohnanlage scheiterte, übernahmen Kreditinstitute die Villa. 1988 erwarb ein Berliner die Villa und ein Jahr später zusätzlich den unterhalb des Amtshausberges liegenden Bahnhof. Das Ziel des neuen Inhabers, aus der Villa einen komfortabelen Altersruhesitz zu gestalten, scheiterte. Als Grund wurde Vandalismus angegeben, die bis dato ausgeführte Sanierungsarbeiten zunichte machten. Im Jahre 2006 verstarb der Berliner Eigentümer. Seitdem stritten Erbengemeinschaft und Stadt über die Zukunft und möglichen Kauf oder Verkauf.

Dann verfiel die Villa Schöning zusehends. Vandalen hatten ihrem Namen einmal mehr alle Ehre gemacht, alles was nicht ausgebrochen und entwendet werden konnte, wurde mit Graffiti verschmutzt oder zerstört. Bereits mehrfach brannte es in der Villa, die Feuerwehr musste anrücken. Durch einen Artikel in der Bild-Zeitung in dem von der „Grusel-Villa“ zu lesen war, erlangte das Schöningsche Anwesen einen überregionalen, makaberen Kultstatus. Freunde des Paranormalen, Erfinder von Horrorgeschichten und Abenteuerlustige pilgerten seitdem auf den Amtshausberg, und sorgten dafür, dass sich die ehemaligen Eigentümer beim Anblick ihres Anwesens im Grabe umgedreht hätten.

Update 08.04.2011: Gleich viermal brannte es in der Villa Schöning an der Weserstraße am Amtshausberg. In den vergangenen Jahren haben dem ehemals prunkvollen Gebäude mit einem atemberaubenden Blick auf die Weser, Vandalismus und sonstige kriminelle Energie schwer zu schaffen gemacht. Infogedessen wurde es bei gleich vier Bränden so schwer beschädigt, dass es einsturzgefährdet war.

Die Schöningsche Villa in Vlotho ist einer der vielen makaberen Beispiele für mangelhaften und grob fahrlässigen Umgang mit der Stadtgeschichte und architektonisch wertvollen Gebäuden. Jahrelang trotzte der Bau jedem Vandalismus, wurde heimlich für viele Einheimische zum Vlothoer Wahrzeichen. Also sicherte man das Anwesen mit Absperrgitter und Flatterband und der Kreis Herford „verhängte“ eine Abrissverfügung. Laut Selbigem hatten die Erben bereits ein Zwangsgeld zahlen müssen, da der Abriss noch nicht erfolgt war. Diese stimmten nun dem Ende der Villa Schöning zu, Dann (23. Juli 2013) rollten die Bagger an. Somit war das Ende der Schöningschen Villa unwiderruflich besiegelt! Was für die einen einer Erlösung gleichkam, war für die anderen eine Schande und ein Armutszeugnis für die Eigentümer und den Kreis. Eine erneute Bebauung ist auf dem Gelände nicht geplant.

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Dokument erstellt am 22.01.2010
Letzte Änderung am 25.06.2014

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.