Waldbad Herzberger Teich

1925 bis 1926 wurde mit dem Bau eines Freibades am östlichen Ufer des Herzberger Teiches begonnen. Der Herzberger Teich ist ein künstliches, an drei Seiten von Wald umgebenes Gewässer. Die Kosten für den Bau des Bades von 85.000 Reichsmark wurden zu 45.000 Reichsmark durch Spenden und unentgeltliche Bauleistungen gesichtert, 5.000 Reichsmark durch einen Zuschuss der Stadt und die bleibenden 30.000 Reichsmark durch ein Darlehn finanziert. Seit der Eröffnung 1926 – an der zahlreiche Menschen Teilnahmen – zählte das Bad fortan zu den beliebtesten Freibädern der Region. 1927 leitete man den Zufluss am Kinderbrunnen mittels einer Umführungsleitung entlang des Waldweges um, um eine Kaltwasserströmung zu unterbinden.

In den Folgejahren besuchten jährlich rund 15.000 Menschen das Freibad. So war es dem Schwimmclub möglich, anfallende Darlehn zu tilgen. 1931 kündigte die Stadt – vermutlich aus Eigentumsansprüchen – die Bürgschaftszusage. Nach heftigen Protesten aber beteiligte die Stadt sich dann jedoch an der Tilgung der Darlehnszinsen. Weiter wurden vom Verein zahlreiche Verbesserungsarbeiten am Bad ausgeführt, finanziert durch Spendengelder. 1936 konnte man die Deutsche-Damen-Olympiamannschaft gewinnen, die ihr tägliches Training im Bad ausführte.

In den Jahren 1939 bis 1946 kam der Schwimmsport aufgrund des Zweiten Weltkrieges zum Erliegen und die Vereinsarbeit musste eingestellt werden. Die englischen Besatzer genehmigten im Jahr 1946 jedoch die wiederaufnahme des Vereinstreibens am Freibad und der Schwimmclub begann unmittelbar mit der Instandsetzung der Anlage und der Beseitigung der Kriegsschäden. Im heißen Sommerjahr 1947 musste der Badebetrieb aufgrund von Wassermangel frühzeitig eingestellt werden. 1948 konnten durch Sendengelder und tatkräftige Hilfen die Pontons angeschafft werden. 1949 hatten sich mit der Währungsreform alle finanziellen Mittel des Clubs erschöpft. Durch die Unterstützung des ansässigen Erzbergwerkes konnten jedoch zumindest die anfallenden Instandsetzungsarbeiten ausgeführt werden.

Durch Unterstützung mit Zuschüssen, Dienstleistungen oder Materialien der Stadt, des Erzbergwerkes, des Kreissportbundes und vieler Kaufleute und Handwerker konnte das in „Waldbad Herzberger Teich“ umbenannte Freibad in den Jahren von 1950 bis 1963 betrieben und umgebaut bzw. erweitert werden. Man errichtete 1951 ein Kinderplanschbecken, 1952 eine Rutschbahn, 1953 neue Startbrücken, 1958 bis 1964 Ufermauern, 1965 ein Warmwasserbecken, 1968 einen neuen Sprungturm mit Wasserrutsche, 1973 schüttete man das Ufer an, 1974 eine Toilettenanlage und 1975 einen neuen Kinderspielplatz. 1963 werden im Waldbad Clubwettkämpfe gegen die dänische und spanische Nationalmannschaft ausgetragen. 1976 feiert man das 50-jährige Bestehen.

1987 bis 1990 folgen schwierige und zeitraubende Gespräche über die weitere Nutzung des Herzberger Teiches, da der Pachtvertrag aufgrund der Schließung des Erzbergwerkes durch die Preussag gekündigt wurde. Der Herzberger Teich wird als Bestandteil des Oberharzer Wasserregals zum Projekt „Expo on the rocks“ und darüber hinaus zum Weltkulturerbe des Rammelsberges, dies betrifft jedoch nicht die Gebäude des Waldbades. Die Bevölkerung protestiert wegen einer möglichen Schließung des Bades. 1991 schließen die Harzwasserwerke des Landes Niedersachsen einen neuen Nutzungsvertrag über den Herzberger Teich.

1996 wurden die Gebäude des Waldbades unter Denkmalschutz gestellt. 2001 feierte man das 75-jährige Bestehen. Ab 2002 waren umfangreiche Renovierungen und Umbauten geplant. Diese konnten allerdings aus finaziellen Gründen nie umgesetzt werden. Im Jahr 2006 öffnete das Waldbad zum letzten Mal seine Pforten und schloss dann aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln. Dem heimischen Schwimmclub als Betreiber war es nicht gelungen, die anfallenden Unkosten zu stemmen und Investoren für die notwendigen Sanierungsmaßnahmen sowie den weiteren Betrieb zu finden.

Jahrelang verfiel das Gelände, niemand wollte den „Herzer“ aus dem Dornrößchenschlaf erwecken. Im April 2013 dann konnte munteres Treiben auf dem Grundstück beobachtet werden. Laut Goslarsche Zeitung (Artikel) gibt es neue Pläne, finden Aufräumarbeiten in der nach ihrer Schließung vor vier Jahren von Vandalismus heimgesuchten Traditionseinrichtung statt. Iim Einvernehmen mit dem Eigentümer Harzwasserwerke (HWW) in Hildesheim gibt es jetzt eine kurzfristige Lösung für eine neue Bewirtschaftung durch Betreiber aus Astfeld und Herzog Juliushütte. Ein frisch gegründeter Verein, nämlich der Waldseebad Herzberger Teich e.V. möchte das Gelände und die Gebäude liebevoll renovieren und wollte eigentlich schon dieses Jahr in Betrieb gehen. Aufgrund diverser Schwierigkeiten mussten die Eröffnung auf 2014 verschoben werden. Mehrfach wurden Unbefugte auf dem Gelände gesichtet, etliche Male musste der Zaun repariert werden, weil er von Vandalen aufgeschnitten wurde.

Im November 2013 ist das Jugendstil-Gebäude am früheren Waldseebad Herzberger Teich bei einem Feuer zerstört worden. Ein ortsansässiger Verein wollte das Bad im nächsten Jahr wieder eröffnen. An der Sanierung hatte sich auch der BUND mit 86.000 EUR aus dem Denkmalschutz-Sonderförderprogramm beteiligt. Sicher ist indessen, dass das Gebäude so nicht wieder aufgebaut werden kann. Zurück blieben nur verkohlte Reste, die nur schwer an das historische Jugenstilbad erinnern. Der Schaden wird auf 50.000 Euro geschätzt. Betroffen waren vor allem die ehemaligen Umkleidekabinen, der Kiosk und der Bademeister-Turm. Auf der Webseite des NDR hagelt es Vermutungen und Schuldzuweisungen. Die Vermutung der vorsätzlichen Brandstiftung wird laut. Fakt aber ist: Was auch immer diesen Brand ausgelöst hat, das Bad ist für immer verloren und mit ihm auch eine emotionale Historie. Laut Denkmalpflegerin Christine Bauer von der Stadt Goslar war das Gebäude das älteste dieser Form in Niedersachsen. Die denkmalrechtliche Genehmigung für die Instandsetzung der Gebäude wurde erst kurze Zeit vor dem Brand erteilt.

Quelle: Goslarsche Zeitung, SC Hellas, privat, NDR

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Dokument erstellt am 19.08.2011
Letzte Änderung am 03.07.2014

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.