Nachgefragt bei: Sebastian Schwarz

Der Aachener Sebastian Schwarz (Seb Black) hat eine Leidenschaft für Fotografie und Design. Klingt erst mal nach nichts Besonderem, denkt man. Doch Seb Black hat neben seinem Kommunikationsdesign-Studium und der Konzertfotografie ein besonderes Hobby: Urban Exploration. Auf seinen Touren deutschlandweit und in das europäische Ausland hat er schon viel gesehen und fotografiert. Seine Leidenschaft ist es, nicht nur zu dokumentieren, sondern seine Objekte der Begierde möglichst kunstvoll darzustellen. Auf seiner Webseite www.sebblack.de sollen seine Werke künftig präsentiert werden.

rottenplaces: Seb, wie bist du auf das Hobby „Urban Exploration“ gekommen und was sind deine Beweggründe für deine Motive auch lange Anreisen in Kauf zu nehmen?

Schwarz: Wenn ich zurückdenke haben mich schon in meiner Kindheit verlassene Gebäude fasziniert und geradezu angezogen. Schon vor Jahren habe ich mir solche Orte gerne angeschaut und erforscht. Anfangs dienten solche Gebäude jedoch noch als Kulisse für andere Aufnahmen und standen nicht im Vordergrund. Zu dieser Zeit war mir „Urban Exploration“ noch kein Begriff und relativ zufällig bin ich dann im Sommer 2009 im Internet auf ein Forum zum Thema gestoßen. Vorher war mir nicht bewusst, dass das Interesse an Lost Places und dieses Hobby von so vielen geteilt wird. Seitdem war mein Interesse für das Erforschen solcher Gebäude und auch für die Fotografie um so mehr geweckt. Seit Anfang 2010 habe ich angefangen mit meiner ersten DSLR zu fotografieren. Mittlerweile möchte ich die Schönheit des Verfalls und die vergangenen Lebensweisen, die die Gebäude widerspiegeln, in meinen Bildern möglichst ästhetisch festhalten. Mich interessieren die Orte und Motive die hinter den Fassaden der alten Gebäude zu finden sind. Meine Motivation ist es diese Orte in meinen Fotos festzuhalten und somit die Lebensweisen festzuhalten, die vielleicht in einigen Jahren nicht mehr vorzufinden sind.

rottenplaces: Du zeigst deine Werke in sozialen Netzwerken, Fotocommunitys und bald auch auf deiner Webseite. Der Betrachter sieht Industrieruinen, militärische Anlagen, aber vor allem Maisons und Châteaus. Was fasziniert dich an Letzteren und wie wirken diese Einflüsse und Eindrücke auf dich, wenn du solche Gebäude besuchst?

Schwarz: Gerade in großen Industrien ist zwar nicht immer, aber oft, schon viel durch Vandalismus zerstört worden. Zudem sind dort oft leergeräumte Hallen oder Lagerräume zu finden. Ich denke jeder hat bei diesem Hobby bestimmte Locations, die ihn mehr interessieren als andere und die er bevorzugt und ich persönlich mag Maisons und Chateaus sehr. Oft findet man in diesen noch viele persönliche Hinterlassenschaften und es wirkt so als hätte der Bewohner alles stehen und liegen gelassen und das Haus nur kurz verlassen. Man kann geradezu in die frühere Lebensweise und die Bauweise und Architektur dieser Zeit eintauchen und sich vorstellen wie die Menschen in diesen Orten gelebt haben. Das fasziniert mich daran und ist für mich interessant auf meinen Fotos festzuhalten. Jedoch finde ich auch andere Locations immer wieder toll und besuche diese ebenso wie die von mir bevorzugten Objekte.

rottenplaces: Fototouren benötigen eine konsequente Vorbereitung. Wie bereitest du dich auf ein Objekt vor, welche Herangehensweisen hast du dabei und wie lange nimmst du dir für die Planung Zeit?

Schwarz: So unterschiedlich wie die Objekte sind, die ich besuche, so unterschiedlich kann auch die Vorbereitung auf eine Tour sein. Das kommt letztendlich immer darauf an, wohin es geht, mit wem ich hinfahre und wie lange die Tour überhaupt andauert. Längere Touren ins Ausland, wo ich eine Vielzahl an Locations besuche, brauchen demnach eine wesentlich längere Planung als eine kurze spontane Tour zu einem Objekt in der Nähe. Wenn man mit mehreren Leuten zusammen unterwegs ist, wird auch zusammen geplant, jeder kann Locations und Informationen beitragen. Kartenmaterial, um über die Umgebung und den Zugang informiert zu sein, gehören da genauso dazu, wie gegebenenfalls Informationen von Bekannten aus der Szene, die das Objekt bereits besucht haben. Wie lange ich insgesamt für die Planung brauche kann ich daher so nicht sagen, da es wirklich immer unterschiedlich ist.

rottenplaces: Ist auf einer deiner Touren schon einmal etwas Merkwürdiges oder Ärgerliches passiert und wenn ja, was?

Schwarz: Ich denke, ich hatte auf meinen Touren bis jetzt ungewöhnlich viel Glück. Was wirklich Ärgerliches ist mir bis jetzt noch nicht passiert. Auf einem User-Treffen sind wir mal mit einer ziemlich großen Gruppe von der Polizei aus einem Haus per Megafon ausgerufen worden. Das war zuerst natürlich etwas erschreckend, aber ist letztendlich ohne Probleme nochmal gut gegangen. Demnach kann ich hier nicht wirklich viel erzählen. Natürlich kann es immer passieren, dass es bei einer Location kein Reinkommen gibt, aber das Risiko gehört letztendlich dazu, und für solche Fälle sollte man am Besten noch andere Locations in der Nähe ausfindig machen, auf die man in solchen Fällen zurückgreifen kann.

rottenplaces: Bei vielen Themen gehen die Meinungen auseinander. Welchen Fotografen man auch nimmt, der eine lichtet die Gebäude nur von außen ab, der andere legt Wert auf eine bunte Mischung zwischen Innen-, Außen und Makroaufnahmen und wieder andere dokumentieren fotografisch jeden Winkel und noch so kleinen Raum. Bei deinen Fotografien gibt es auch eine „bunte“ Mischung an verfallenen Objekten. Wie ist deine bevorzugte Herangehensweise?

Schwarz: Ja das stimmt, ich lege mich nicht komplett nur auf Weitwinkel- oder nur auf Detailaufnahmen fest. Beides hat für mich seine Reize und wird demnach von mir festgehalten, da kommt es natürlich auf die Location an. Auch ein paar Außenaufnahmen gehören für mich meistens dazu, damit man einfach ein rundes Bild von der jeweiligen Location hat. Meine Herangehensweise ist nicht immer gleich. Wenn ich die Zeit und Ruhe in einer Location habe, gehe ich zweimal komplett durch um einmal Details und einmal die ganzen Räume zu fotografieren.

rottenplaces: Wer perfekte Bilder fertigen möchte, braucht die nötige Fotoausrüstung. Welche Kamera(s) setzt du auf deinen Fototouren ein und was für ein Equipment wird von dir bevorzugt?

Schwarz: Ich habe eine Canon EOS 40D und fotografiere hauptsächlich mit einem Canon 10-22mm und einem Standardobjektiv 18-50mm von Sigma. Ab und zu mache ich gerne Fisheye-Aufnahmen mit einem Samyang 8mm. Zudem ist ein Stativ (Manfrotto mit Manfrotto-Kugelkopf), Fernauslöser und Taschenlampe immer mit dabei.

rottenplaces: Fotografen wie du sehen auf ihren Fototouren zu verfallenen Objekten viel Vandalismus und kriminelle Energie, die den Gebäuden arg zugerichtet hat. Teilweise sind solche, nicht nachvollziehbaren Entgleisungen der Grund für die Zerstörung und das Ende ganzer Objekte. Das Resultat sind komplexe Sicherheitsvorkehrungen der Eigentümer und harte Strafen für Fotografen, die ohne spezielle Genehmigung diese Objekte betreten. Wie ist deine Meinung zu diesem Thema?

Schwarz: Natürlich finde ich diese sinnlose Zerstörung schade und nicht nachvollziehbar, da so absolut ohne Grund schöne Gebäude zerstört werden. Natürlich sind die Besitzer dadurch misstrauisch und versuchen die Orte für jeden unzugänglich zu machen oder drohen mit Anzeigen. Darunter leiden natürlich auch diejenigen, die nur fotografieren möchten und nichts zerstören würden. Auch wenn das schade ist, ist die Reaktion der Besitzer nachvollziehbar, da sie nicht differenzieren können, wer bei einem Besuch der Gebäude was im Schilde führt. In gewissem Maße machen diese oft erschwerten Maßnahmen das Hobby jedoch noch einen Ticken spannender und gehört in einer gewissen Hinsicht sogar dazu. Schon in der Nacht aufbrechen und bei Dunkelheit im Morgengrauen in eine Location schleichen gehört im Endeffekt immer dazu und macht es spannend.

rottenplaces: Wenn du die Möglichkeit hättest, zu einer ganz besonderen Tour deiner Wahl aufzubrechen, gibt es eine Location – wo auch immer – die du gerne einmal aufsuchen würdest und warum?

Schwarz: Eine einzelne ganz spezielle Location kann ich hier gar nicht nennen. Es gibt jede Menge toller Locations, die ich noch besuchen will aber wo bis jetzt die Zeit zu gefehlt hat. In Deutschland würde ich gerne mal in den Osten einige Objekte besuchen, was ich voraussichtlich nächstes Jahr im Sommer auch schaffen werde. Ansonsten würde ich sehr gerne in Zukunft mal eine Tour nach Italien und vor allem Frankreich machen. Dort hat es mich bis jetzt noch nicht hin verschlagen, aber es gibt jede Menge tolle Objekte zu fotografieren.

rottenplaces: Deine Fotos zeigst du meistens farbig. Bearbeitest du deine Fotos vor der Veröffentlichung nach, wenn ja wie und wie ist deine Meinung über diverse Techniken wie beispielsweise HDR?

Schwarz: Ja, meine Fotos die ich veröffentliche sind eigentlich alle nachbearbeitet. Allein aus dem Grund dass es mir nicht nur darum geht zu dokumentieren, sondern eben auch die verlassenen Orte kunstvoll ästhetisch festzuhalten. Die einen sind dabei mehr die andern weniger bearbeite, das kommt darauf an wie es passt oder ich Lust habe. Das können oft nur kleinere Korrekturen sein wie Belichtung, Objektivkorrekturen und Kontraste, kann aber auch mal ein HDR oder ähnliches sein. Auch da hab ich eigentlich keine festgelegten Vorgehensweisen, sondern mache immer das, wie es mir bei dem einzelnen Fotos gefällt und es für passend empfinde.

rottenplaces: In der nächsten Zeit erscheint ein Artikel über dich in einem Magazin. Was hat es damit auf sich und was gibt es demnächst von Seb Black zu lesen, sehen oder hören, bzw. wie lauten deine Zukunftspläne?

Schwarz: Ja, das ist richtig. Mittlerweile ist das regionale Magazin auch raus, und beinhaltet einen kleinen Artikel über meine Fotografie und war meine erste Veröffentlichung dieser Art. Letztendlich wird es so weitergehen, wie bisher auch. Im Winter ist nochmal eine kleine Tour geplant, und im nächsten Jahr auch schon einiges anvisiert, im Sommer dann auf jeden Fall auch nochmal etwas größere Touren. In Zukunft möchte ich einen Bildband mit mehreren Fotografen gemeinsam machen. Die Arbeiten daran haben auch schon vor einiger Zeit begonnen, aber auf Grund von zeitlichen Problemen, wird daran erst in einiger Zeit wieder weitergearbeitet werden können.

Wir danken Sebastian Schwarz für dieses Interview.

Das Interview führte André Winternitz

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.