Nachgefragt bei: Truus und Frans Nijland

Dass sich ein Ehepaar gemeinsam auf die Suche nach Lost Places macht und diese ablichtet ist schon eher die Seltenheit, dass aber dabei noch so wunderbare Motive und Impressionen herauskommen können, zeigen Truus und Frans Nijland aus Delden in den Niederlanden. Für beide ist die Fotografie des Vergangenen eine große Leidenschaft und diese zieht sie zu ausgedehnten Fototouren durch ganz Europa. Ob alte Herrenhäuser, Sanatorien, Militär- oder industrielle Hinterlassenschaften, aber auch Natur-, Street-, Architektur- und Makrofotografie, Truus und Frans haben ein breites Portfolio.Truus zeigt ihre sehenswerten Fotografien auf der Webseite www.truusnijland.nl und Frans auf www.fransnijland.nl . Wir haben nachgefragt …

rottenplaces: Truus und Frans, Urban Exploration – wie seid ihr auf diese Leidenschaft für Lost Places gekommen und seit wann betreibt ihr dieses Hobby?

Truus: Mit der Fotografie habe ich im Jahr 2010 begonnen, bin mit einer Freundin durch die Wälder rund um Delden gezogen, um Naturfotos zu machen. Dann hörte ich von ihr das erste Mal das Wort „Urbex“. Sie lud mich ein, eine alte Textilfabrik in Gronau zu besuchen. Ich war sofort begeistert und von da an wollte ich mehr und mehr.

Frans: Truus hatte mir die Bilder aus Gronau gezeigt und ich war wirklich erstaunt – im negativen Sinne. Wer ist so verrückt von diesem alten Zeug und fotografiert das auch noch? Ich habe sie gar nicht verstanden und noch weniger als sie mir sagte, dass es in Belgien und Deutschland noch mehr von diesen „wunderschönen“ Gebäuden gibt. Mittlerweile hatte ich mir dann auch eine Kamera gekauft und habe meine erste Urbextour im Mai 2011 zusammen mit Truus gemacht. Ich war ab diesem Moment genau wie sie begeistert von Anfang an.

rottenplaces: Ihr teilt euer Hobby gemeinsam, dies gibt es nicht oft – gerade bei der Fotografie von Lost Places. Aus eigener Erfahrung ist dies ein enormer Vorteil mit vielen Vorzügen. Habt ihr bei der Motivsuche oder der Auswahl von Lost Places ebenfalls den gleichen Geschmack, oder ist dies in diesem Fall eher verschieden?

Frans: Eigentlich finden wir alle Locations interessant – Schlösser, Industrie, Häuser oder Kloster, das ist uns gleich. Sie sollten nur schon eine ordentliche Portion „Verfall“ bieten. Farbblasen, Pilze, Spinnennetze usw. gehören da unserer Meinung nach zu. Und es ist natürlich am schönsten, wenn dann dort noch Möbel oder andere Gegenstände zu finden sind. Dann kann man sich in etwa vorstellen wie dort früher gelebt oder gearbeitet wurde.

rottenplaces: Besucht ihr eure ausgewählten Lost Places nur um sie zu erkunden und zu fotografieren oder steckt ein tieferer Gedanke dahinter – interessiert ihr euch auch für die Geschichte dieser Orte?

Truus: Der Gedanke an das Geschichtliche eines Gebäudes ist uns nicht so wichtig, aber wir sind natürlich interessiert, wie die Menschen dort gelebt oder gearbeitet haben. Da wundern wir uns immer wieder.

rottenplaces: Eure Touren führen euch ja durch ganz Europa. Man lernt viele Städte und Orte kennen, trifft auf die verschiedensten Menschen und Kulturen, erlebt die unterschiedlichsten Situationen. Habt ihr auf einer eurer Touren schon einmal etwas kurioses oder merkwürdiges erlebt – und wenn ja, was?

Frans: Im Oktober 2011 waren wir zusammen bei „Nonplusultra“ (Fairytale Castle), wir haben da ungefähr zwei Stunden fotografiert und standen zusammen in einem Raum, wo auch eine große Eingangstür ist. Plötzlich ging diese auf und fünf Italienerinnen kamen sehr munter redend miteinander hinein. Glücklicherweise schauten diese in eine andere Richtung, sonst hätten sie uns gesehen. Wir haben uns dann schnell zurückgezogen, ja das war aufregend!

rottenplaces: Wie reagieren Familie und Freunde auf eure Fotografien, die ihr von Lost Places fertigt?

Truus: Unsere Brüder und Schwestern interessieren sich nicht sonderlich für unsere Lost-Place-Fotografien. Anders ist es bei unseren Kindern, die finden es schön was wir machen, aber sorgen sich auch oft und ermahnen uns dann vorsichtig zu sein. Freunde und Bekannte kennen das Thema Urban Exploration oft nicht und wundern sich, wenn sie unsere Fotos sehen.

rottenplaces: Eure Fotos zeigt ihr meistens farbig. Wenn ihr selbige nachbearbeitet, welche Werkezuge (Software) kommen zum Einsatz und wie ist eure Meinung über diverse Techniken wie beispielsweise HDR?

Frans: Wir arbeiten mit Photomatix, Lightroom und Photoshop. Als wir uns mit HDR beschäftigten, entdeckten wir unwahrscheinliche Möglichkeiten der Bildbearbeitung und nach einiger Einarbeitungszeit kamen recht schnell tolle Ergebnisse. Wir bearbeiten fast alle Fotos in HDR, aber es sollten keine wie Malereien wirkenden Bilder sein, sondern in normalen Zügen, Proportionen und Stilen bleiben – das versuchen wir jedenfalls. Der Stil von Truus ist ein anderer als meiner.

rottenplaces: Fotografen wie ihr seht auf euren Fototouren zu verfallenen und verlassenen Objekten und Orten viel Vandalismus und kriminelle Energie, die den Gebäuden und Plätzen arg zugerichtet hat. Teilweise sind solche Beschädigungen der Grund für die Zerstörung und das Ende selbiger. Das Resultat sind komplexe Sicherheitsvorkehrungen der Eigentümer und harte Strafen für Fotografen, die ohne spezielle Genehmigung diese Objekte betreten. Wie ist eure Meinung zu diesem Thema?

Truus: Urbex ist die letzten Jahre zu beliebt geworden, es gibt zu viele Leute, die mal etwas von diesem Thema gehört haben und dann selber mal mit einem Handy mit Kamera auf Tour gehen. Viele von diesen kennen die Urbex-Regeln nicht, schreiben überall ihren Namen hin, stehlen, weil sie denken, dass die Sachen keinem gehören und zerstören vieles.

Frans: Momentan gibt es eine Krise und für Kupfer und sonstige Altmetalle wird ein guter Preis bezahlt, das führt wieder dazu, dass z.B. industrielle Gebäude oft verschlossen sind oder ein Sicherheitsdienst präsent ist. Alles nachvollziehbar, aber für den aufrichtigen Fotografen wird es dadurch viel schwieriger, seinem Hobby nachzugehen.

rottenplaces: Ihr habt bereits zahlreiche Orte und Objekte besucht. Gibt es eine Location – wo auch immer – die ihr gerne einmal aufsuchen würdet und warum?

Frans: Das Energie-Kraftwerk in Budapest ist ein Wunschziel, sonst haben wir keine bestimmte Location, die wir favorisieren. Es gibt in Polen ganz viel schöne Dinge, da möchten wir gerne noch mal ein paar Wochen rundfahren.

rottenplaces: Was gehört bei euch in die Fototasche, also welche Kameras und welches Equipment setzt ihr ein?

Truus: Canon 7D, Tokina 11-16 mm, Canon 25-105
Frans: Canon 7D, Tokina 11-16 mm, 50 mm 1.8 (plastic fantastic), Sigma 18-200 mm

rottenplaces: Ihr seid ja – wenn ihr gemeinsam unterwegs seid – im Wohnmobil unterwegs – ein toller Luxus. Gibt es eine spezielle Tour oder eine Unternehmung die ihr in naher Zukunft geplant habt und wenn ja, wohin?

Frans: Unsere (Urbex)Urlaube unternehmen wir in der Tat mit unserm Wohnmobil, uns das verschafft uns den Vorteil, wenn Nachbarn, die in unmittelbarer Nähe einer Location im Ausland wohnen, unser Wohnmobil sehen, denken diese, dass wir Touristen sind. Wenn ein Auto mit einem ausländischen Kennzeichen am selben Platz steht, dann sieht das schon ganz anders aus – da werden Nachbarn schnell neugierig und schöpfen Verdacht. Wie schon erwähnt, möchten wir gerne nach Polen, aber eine Tour dorthin ist noch nicht geplant. Wir sind aber keine Menschen, die Monate vorher planen, kann also ganz spontan geschehen.

Wir danken Truus und Frans Nijland für das Interview.
Das Interview führte André Winternitz.